Ingvar AmbjörnsenIngvar Ambjörnsen


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Zu Tisch mit Elling


Hütet euer Hirn!

Damit wäre es endlich ein für allemal bewiesen. Was ich schon seit langem und in unterschiedlichen Zusammenhängen behaupte. Dass es ein Verlust für die Volksgesundheit ist, wenn nun Schweine- und Rinderleber aus den Fleischtresen der Supermärkte entfernt werden. An der Arizona State University wurden kürzlich unwiderlegbare Beweise dafür gefunden, dass das Schlüsselmolekül Cholin von entscheidender Bedeutung für die Gesundheit des Gehirns ist. Schlicht und brutal formuliert: Cholin kann Alzheimer verhindern. Diese degenerative Gehirnkrankheit, vor der sich viele von uns zu recht fürchten, kann also hinausgezögert werden. Vielleicht sogar ganz und gar verhindert. Wohlgemerkt, wenn man sich vernünftig ernährt. Die Forscher in den USA empfehlen ganz besonders zwei Produkte, wenn man also Vernunft und Verstand behalten will: Eier und Leber.

Ja, das müssen Sie wohl erst mal verdauen … Eier und Leber.

Das Ei überlasse ich in diesem Zusammenhang seinem eigenen Schicksal. An die unter Ihnen, die noch nicht begriffen haben, welchen Segen das Ei bedeutet, will ich jetzt keine Zeit mehr verschwenden. Ich haben Ihnen seitenweise Tatsachen, Rezepte und Überlegungen vorgesetzt. Aber es hat ja nichts geholfen. Jetzt können Sie von mir aus sehen, wo Sie bleiben. Adieu!

Aber, Leber, sagen Sie vielleicht (vor allem, wenn Sie unter vierzig sind), ist das nicht eklig und altmodisch? Ja, leider wird Leber jetzt gerade altmodisch. Aber eklig? (Ich empfehle an dieser Stelle meine Betrachtungen über Leber in Sahnesoße in dem Roman „Echo eines Freundes“). Geben Sie diesem Gericht eine Chance. Außerdem: Was kann denn ekliger sein als ein Gehirn, das seinen Geist aufgibt, vielleicht schon, ehe das Alter uns in anderen Bereichen einholt? Sabbernd im Sessel sitzen, vielleicht die engste Verwandtschaft nicht erkennen, die kurz in der unterbesetzten Abteilung vorbeischaut, wo Sie leider zusammen mit allen anderen Ei- und Leberverweigern eingesperrt werden mussten? Ihre eigene Mutter nicht erkennen? Ihr eigenes Kind? Ihre bessere Hälfte? DAS ist eklig. Es ist außerdem einfach nur noch schrecklich. Für alle Beteiligten.

Und da kann man natürlich sich selbst und andere fragen: Wer raubt uns eigentlich die Möglichkeit, diese kostbare Leber in unserem lokalen Supermarkt zu erwerben? Die Leber, die unsere mentale Stabilität und unser Glück sichern soll? Wer hat etwas davon, dass unser Gehirn zum Teufel geht? Ja, ich treibe die Sache jetzt auf die Spitze. In unserem polarisierten Diskussionsklima muss das sein, damit alle es begreifen. Eins steht fest. Es ist kein Zufall, dass Schweine- und Rinderleber aus Ihrem lokalen Supermarkt entfernt werden. Dasselbe passiert nämlich in jeder einzelnen Kette und jedem Tante-Emma-Laden, nicht nur in Europa, sondern auch in Kanada, den USA und Australien.

In China wird Leber gegessen. Im mächtigen Russland ebenfalls. In Afrika haben sie immer schon in Innereien geschwelgt (vielleicht vor allem, weil die Europäer eine Tendenz dazu hatten, die Filetstücke an sich zu reißen.) Und was ist mit dem asiatischen Kontinent? Leber in jedem einzelnen Heim. Bei Arm und Reich. Nun fragen Sie vielleicht: Worauf will er eigentlich hinaus? Was will der Mann in der Sockelwohnung uns heute sagen? Will er eine nagelneue Konspirationstheorie servieren? Nein, das will ich nicht. Ich will, dass Sie lesen, was ich schreibe. Und dann will ich, dass Sie in Ihr stilles Kämmerlein gehen und Ihre eigenen, selbständigen Gedanken denken. Wenn Ihnen das schwerfällt, dann suchen Sie doch bitte so schnell wie möglich Ihren Hausarzt auf.

Und dann noch etwas. Fragen Sie Ihren lokalen Ladenschwengel oder die Dame an der Supermarktkasse, warum Leber aus Kühltruhen und Fleischtresen entfernt worden ist. Und geben Sie nicht auf, so lange Sie keine vernünftige Antwort erhalten haben.

Wissen Sie, wie im Supermarkt um die Ecke die Antwort auf meine die Frage lautete, wann der Beschluss gefasst wurde, keine Cholin-gesättigte Leber mehr anzubieten, nicht einmal treuen Kunden wie mir? Der Mann hinter dem Tresen sah mich mit leerem Blick an und sagte, daran könne er sich nicht erinnern. ER KONNTE SICH NICHT DARAN ERINNERN! Er schien nicht einmal zu begreifen, wovon ich da redete. Und der Mann ist noch keine fünfzig. Da sag ich doch wie Onkel Donald überm großen Teich: Sad.


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